Historie

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Historie Flößerei

Das Murgtal ist eines der größten und tiefsten Täler des Schwarzwalds.

Die Murg entsteht aus zwei größeren Quellbächen im westlichen Gebiet der Gemeinde Baiersbronn. Nach anfänglichem Verlauf in breiten Wiesentälern geht sie ab Schönmünzach über in eine fast siedlungsleere Engtalstrecke. Nun führt sie ihr Weg durch ein enges, felsiges Tal vorbei an Forbach. Ab Weisenbach geht ihr Weg wieder über in ein langsam breiter werdendes Tal vorbei an Gernsbach und Gaggenau. Bei Kuppenheim erreicht sie die Oberrheinische Tiefebene und mündet bei Steinmauern, bei Rheinkilometer 344,5 in den Rhein.

Bis ins 19. Jahrhundert war die Murg eine wichtige Handelsstraße für die Holz-Flößerei des Tals. Die Holzhändler und Sägewerksbesitzer im ebersteinischen (später badischen) Talabschnitt schlossen sich zur Handelsgesellschaft Murgschifferschaft zusammen, deren erste Satzung von 1488 stammt.
Das im mittleren und unteren Murgtal geschlagene Holz wurde über die Murg bis Steinmauern geflößt, wo es von den Rhein-Flößern übernommen wurde.
Im 18. Jahrhundert entwickelte sich durch die große Nachfrage aus den Niederlanden nach Langholz ein regelrechter Boom des Holzhandels, der bis zum Ende des Jahrhunderts zu großen Kahlschlägen in den Waldungen führte. Die großen Holzvorräte des württembergischen Murgtals zwischen Baiersbronn und Schönmünzach gewannen deshalb zu Beginn des 18. Jahrhunderts erheblich an Wert. Logischerweise war das württembergische Herzogshaus aus finanziellen Gründen sehr daran interessiert, diese Holzvorräte zu nutzen und auf Murg und Rhein nach Holland zu flößen.

Ein fast unüberwindliches Hindernis stellte dabei allerdings die Landesgrenze zwischen Württemberg und Baden bei Schönmünzach dar. Ab etwa 1700 verhandelte Württemberg immer wieder mit der Markgrafschaft Baden-Baden wegen der Floßbarmachung der Murg, zunächst ohne Erfolg.
Schließlich kam es 1718 zu einer Einigung, die besagte, dass Württemberg die Murg von Schönmünzach bis Gernsbach, also auf badischem Gebiet, auf eigene Kosten floßbar machen durfte. Sofort wurde damit begonnen, unter dem gewaltigen Kostenaufwand von rund 50000 Gulden eine etwa 4,5 Meter breite Floßrinne in die Murg zu sprengen.
Doch als kurz nach 1720 die ersten Flöße murgabwärts fahren sollten, verweigerte der Bischof von Speyer, der Hoheitsrechte in Gernsbach besaß, die Durchfahrt. Intensive Verhandlungen führten schließlich dazu, dass 1723 und 1724 tatsächlich einige Flöße die Murg abwärts fuhren. Der vollständige Ausbau der Floßstraße, welcher nach Aussagen eines Gutachters noch einmal rund 50000 fl. gekostet hätte, scheiterte jedoch an den Querelen, so dass die Anlagen nach 1725 wieder verfielen, die Flößerei wurde eingestellt.

Da kamen die Württemberger auf die Idee, die mächtigen Stämme aus dem Murgtal über die Berge ins Enz- und Nagoldtal zu transportieren, um sie dann über den Neckar ebenfalls in den Rhein flößen zu können. Zuerst unternahm man ab 1750 den Versuch, das Holz über sogenannte Baumwege auf den Berg zu schaffen. Die Beförderung erfolgte mit Hilfe von Spezial-Langholzwagen, “Thannenfuhrwerk” genannt. Zehn bis vierzehn Pferde zogen die Wagen über die Höhe nach Igelsberg. Jeder Wagen war nur mit einem einzigen Stamm beladen.

Die kurioseste Transporteinrichtung aber war eine abenteuerlich anmutende Holzaufzugsmaschine. Sie sollte es ermöglichen, die Holzvorräte aus dem Bereich des Huzenbacher Sees sowie aus dem Schönmünz-, und Langenbachtal ebenfalls über den Berg ins Enz-und Nagoldtal zubringen. Ein Transport dieser Stämme talauf nach Röt oder Reichenbach kam nicht in Frage, da die Stämme so mächtig waren, daß denen “mit Fuhrwerck ohnmöglich beyzukommen ist” (Machinist Keym, 1753).
Im Jahr 1754 wurde mit dem Bau der „machine“ begonnen, als geeigneten Platz hatte man das Gelände bei der heutigen Reinhardsbrücke in Huzenbach bestimmt.

Die Bahn überwand mit einer Gesamtlänge von rund 1200 Metern die 350 Meter Höhenunterschied von der Murg bis Besenfeld auf dem kürzesten Weg. Auf der vom Tal aus gesehen rechten Seite der Bahn waren 11 “Räderhäuser”, aufgebaut, mit deren Hilfe die Stämme mit Menschenkraft auf den Berg gekurbelt wurden.
Es ist für uns heute nur noch schwer vorstellbar, wie der Transport der riesigen Stämme erfolgte. In jedem Räderhaus bewegten 4 Arbeiter ein mächtiges Laufrad mit etwa 5 Meter Durchmesser. Über ein Zahnrad war die Achse des Rades mit einem Stamm verbunden, auf den das Zugseil aufgewickelt wurde, an dem wiederum der zu transportierende Stamm befestigt war.

Vermutlich hat die “machine” noch im Spätjahr 1755 den Betrieb aufgenommen. Sie mußte allerdings häufig repariert und verbessert werden, was bei der enormen Belastung, der die Einrichtung ausgesetzt war, nicht verwunderlich ist.

Am 14. August 1758 schließlich wurde die “machine” bei einem Unfall fast völlig zerstört.
Nach der Zerstörung der “machine” wurde innerhalb weniger Tage begonnen, zwei “Baumwege” in den Berghang zu graben, um das Holz wieder über diese Wege auf den Berg zu befördern.

Erst nach der Einigung mit Baden bezüglich der Durchfahrt über die Murg zum Rhein im Jahre 1763 (“Schönmünzacher Floßakkord”) und der folgenden Floßbarmachung der gesamten Murg war der abenteuerliche Transport der Baumstämme über die Berge zu Ende.
Die Flößerei verlor nach dem Bau der Murgtalbahn an Bedeutung. 1896 fuhr das letzte Floß die Murg hinunter, seit 1913 ruhte die Flößerei und wurde 1923 auch offiziell untersagt.

Historie Bahn / Verkehrswege

Zwischen Baiersbronn-Schönmünzach und Forbach-Kirschbaumwasen verläuft die ehemalige Landesgrenze von Württemberg und Baden. Der obere, ehemals württembergische Talabschnitt gehört heute zum Landkreis Freudenstadt. Der untere, ab dem 12. Jahrhundert von den Ebersteinern besiedelte und später badische Abschnitt ist heute Teil des Landkreises Rastatt.

Im Murgtal treffen mehrere Dialektgebiete aufeinander. Die Gegend am Oberlauf, um das altwürttembergische Baiersbronn, bildet den westlichsten Zipfel des schwäbischen Mundartraumes. Die flussabwärts folgende alte Herrschaftgrenze zu Baden ist identisch mit der auch heute noch sehr starken Dialektgrenze zum Oberrheinalemannischen, das den Mittellauf der Murg beherrscht.

Dem Tal folgen die Murgtalbahn und die Schwarzwald-Täler-Straße (Bundesstraße 462); beide zählen bautechnisch und landschaftlich zu den bemerkenswertesten Verkehrswegen in Deutschland.

Der schluchtartige Charakter des mittleren Murgtals stellte für die Entwicklung der Verkehrswege über Jahrhunderte ein großes Hindernis dar. Die erste Straße von Gernsbach ins obere Tal umging diesen Abschnitt: Der Alte Weinstraße genannte Handelsweg führte zunächst steil bergan und verlief entlang der Höhenzüge der östlichen Talflanke. Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde eine durchgehende Straße im Talgrund gebaut.

Der Bau der Murgtalbahn wurde in Form voneinander unabhängiger Stichstrecken von Rastatt und Freudenstadt aus begonnen. Im Laufe mehrerer Jahrzehnte wuchsen auf diese Weise von Rastatt und Freudenstadt ausgehend zwei Stichbahnen aufeinander zu, bis zuletzt nur noch die Lücke über die damalige Landesgrenze, die zwischen Kirschbaumwasen und Schönmünzach liegt, bestand.

Dies lag an der Zugehörigkeit des unteren Murgtals zum Großherzogtum Baden, während das obere Murgtal zum Königreich Württemberg gehörte. Daraus ergaben sich unterschiedliche verkehrspolitische Interessen, die einer einheitlichen Planung lange Zeit im Weg standen. Erst nach dem Ende des ersten Weltkriegs konnte diese Lücke der Murgtalbahnstrecke dann geschlossen werden.